Text: Francesco Martinelli
Übersetzung: Cornelia C. Müller
Versione Italiana
Evan Parker, Foto: Steve Ford
Seit über 20 Jahren ist John Russell eine Schlüsselfigur der englischen Improvisierten Musik. Sein Stil beruht auf der radikalen Neuerfindung der Rolle der akustischen Gitarre im Orchesterkontext. Anstatt die Klangfarbe seines Instruments durch Elektronik oder erweiternde Tech-niken zu verändern, folgt Russell seiner eigenen Vision der Beziehung zwischen Rhythmus und Harmonie: schneidender Angriff, kürzeste Noten und Eilläufe von Extrem zu Extrem. Seine Spieltechnik bleibt immer eingebunden in die Interaktion der Mitspieler, in die Musik des Kollektivs. Aus der Vielfalt langjähriger Zusammenarbeit ist das Duo mit Roger Turner heraus-zugreifen, das auf der exzellenten Birth-days (1996, Emanem 4010) zu hören ist, sowie das Trio mit John Butcher und Phil Durrant (Concert Moves, 1991/92, Random Acoustics 011). Mit Ausdauer und Beharr-lichkeit, auch als Veranstalter, hat der Gitarrist zur Gründung der ACTA Records beigetragen und seit über 10 Jahren fördert er die Aktivitäten des Mopomoso Clubs (MOdern, POstMOdern, SO what?) im Norden Londons. Dort pflegt Russell häufige Kontakte zu den wichtigsten Vertretern der englischen Improvisierten Musik, u.a. zu Evan Parker. Die beiden sind beispielsweise im Quartett auf der kürzlich erschienen London Air Lift (1996, FMP 89) zu hören.
Ursprünglich leidenschaftlich entbrannt für Desmond, später beeinflusst von Coltrane, Ayler, Sanders und Dolphy, wie auch von aussereuropäischer Musik, hat Parker einen eigenen, unmittelbar erkennbaren Stil entwickelt. Zweifache Zungenschläge, Harmoniestudien und Zirkularatmung verwandeln das Saxophon - vor allem das Sopran - in ein multi-phonisches Instrument mit perkussiven Elementen. In seiner Musik werden kleine thematische Zellen einer kontunierlichen Wiederholung und Transformation unter-zogen, polyphon in der Tendenz. Coltrane's Gedanke der Freiheit und Bach's geometrische Vorliebe vermischen sich in seiner Musik, dank einer extremen Fähigkeit im Ausloten des Instruments und einer verblüffend erfinderischen Weiter-entwicklung.
Wie Russell verfügt auch Parker über eine langjährige regelmässige Zusammenarbeit: Hervorzuheben das Trio von Alexander von Schlippenbach mit Paul Lovens, wovon es eine phantastische Aufnahme bei FMP (Elf Bagatellen, 1990, FMP 27; Physics, 1991, FMP 50) gibt, ebenso die eigene Band mit Barry Guy und Paul Lytton (Imaginary Values, 1993, Maya 9401; Breaths and Heartbeats, 1994, Rastascan BRD 019; The Redwood Session, 1995, CIMP 101; At the Vortex, 1996, Emanem 4022), die zum Electroacoustic Ensemble erweitert wurde (Towards the Margins, 1996, ECM New Series 1612). Über viele Jahre hat der Saxophonist mit Derek Bailey zusammen-gearbeitet und als Duo unvergessliche Platten eingespielt (The London Concert, 1975, Incus 16).
Die Duo-Formation wird von beiden Musikern bevorzugt. Im intensiven Dialog drückt sich vom Besten aus, was die europäische Improvisierte Musik hervorgebracht hat: eine originäre Aussage über das ungelöste Mysterium der musika-lischen Kommunikation.
I have always tried both instrumentally and musically to develop existing traditions alongside juxtaposing previously divergent strands in order to get close to music. For a long time now the field of free-improvisation has seemed to offer the greatest scope for this; bound up, as it is, with the notion of creating a particular music for a specific place and time and the use of all sounds obtainable from an instrument as being worthy of con-sideration and exploration. Past experience and future expectations are, implicitly and explicitly, merged within the sometimes split-second demands of the present. Not only that - its damn good fun too! John Russell Ho sempre provato sia strumentalmente, sia musicalmente a sviluppare tradizioni esistenti giustapponendo tra di loro sponde che prima erano divergenti, cercando di avvicinarmi così alla musica. John Russell |
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